Fußballbuch der Woche: „Das neue Buch der Fußballsprüche“ von Ben Redelings

Artikel veröffentlicht in TORWORT-Senf am 29.05.2020
Erstellt von TORWORT - Die Fußball-Lesung

Fußballbuch der Woche: „Das neue Buch der Fußballsprüche“ von Ben Redelings

Ben Redelings ist so etwas wie das Gedächtnis des Fußballs. Der Mann, der in seiner Freizeit tatsächlich tapfer immer weiter ins Bochumer Ruhrstadion pilgert, hat nun wieder auf dem Büchermarkt zugeschlagen. „Das neue Buch der Fußballsprüche“ heißt das einzigartige Sammelsurium, in der Redelings mehr als 10.000 Fußballzitate versammelt hat. Wer den Bochumer kennt, weiß: Der Mann ist immer mit gespitztem Bleistift unterwegs und saugt Fußballzitate auf, wie George Best einst ein Champagner-Glas. Wir haben mit „Big Ben“ über sein neues und sehr empfehlenswertes Buch gesprochen.

Das Alter hat ihm gutgetan – Ben Redelings

TORWORT: Ben, Dein neues Buch kann durchaus als Standardwerk der Fußballzitate bezeichnet werden. 10.000 Zitate auf 480 Seiten sind gigantisch – wenn Du trotzdem Deine Top-5 der Fußballzitate aufstellen müsstest. Wer landet wo?

Ben Redelings: Top5, seid ihr jeck? Ich habe gerade Bilder im Kopf, wie ich meine, als äußerst entscheidungsfreudig bekannte, Frau damit konfrontiere, sie könne in einem riesigen Mode-Kaufhaus aus 10.000 Teilen genau fünf mit nach Hause nehmen. Wäre ganz großes Tennis! Aber gut, ich greife in den bunten Sack der Möglichkeiten und nehme wahllos fünf heraus:

1. George Best: „1969 habe ich mit den Frauen und dem Alkohol aufgehört. Das waren die schlimmsten zwanzig Minuten meines Lebens.“  

2. Slobodan Cendic: „Du kannst nichts dafür, du nicht. Ich bin der Idiot, der dich aufgestellt hat.“

3. Thomas Doll: „Ich brauche keinen Butler. Ich habe eine junge Frau!“  

4. Model Eva Dijkstra über Les Ferdinand: „Les liebte Sex. Aber er hat vorher immer kurz die Fußballergebnisse im Videotext gecheckt.“ 

5. Nat Lofthouse: „Es gab in den Fünfzigern jede Menge Spieler, die dir die Eier weggetreten haben. Aber am Ende haben sie dir die Hand geschüttelt und dabei geholfen, sie wiederzufinden.“

TORWORT: Welche Richtung an Fußballerzitaten ist Dir die liebste? Die Erklärung des Spiels eines Cruyff, die Absurditäten eines Lukas Podolski, die Herberger-Philosophien oder die unmittelbaren Reaktionen auf das, was uns allen immer wieder im Fußball passiert, a la „Bruder, schlag den Ball lang!“?

Ben Redelings: Genau diese Bandbreite ist es, die mich immer wieder an Sprüchen von Fußballern fasziniert. Mein Vatta hat als alter Germanist mal meinen früheren Band „Ein Tor würde dem Spiel gut tun“ mit seinen schwarzen und roten Pelikan-Stiften durchgearbeitet – und war am Ende total begeistert, welche Welt sich ihm da als Fußballfan von der Picke auf wieder neu aufgetan hat. Das ist ja nicht nur unser kleiner Fußballkosmos – das ist unsere komplette Welt. Einen unserer gemeinsamen Lieblinge zitiere ich noch heute immer wieder gerne. Er stammt vom „laufenden Meter“, wie er genannt wurde, dem Urtypen Dettmar Cramer: „Es hängt alles irgendwo zusammen. Sie können sich am Hintern ein Haar ausreißen, dann tränt das Auge.“  

TORWORT: Jürgen Klopp verarztet derzeit die Engländer in der Premier League mit seinen Sprüchen. Fehlt er Dir eigentlich sehr? Wir vermuten mal, dass Dein Buch gut 50 Seiten länger wäre, würde er noch in Deutschland arbeiten, oder?

Ben Redelings: Absolut richtig. Von Jürgen Klopp kannst du nicht alle seine Zitate aufnehmen, weil der Verlag diesem dann ausufernden Werk die Druckerlaubnis entziehen würde. Der Typ ist einfach die perfekte Mischung aus Fan und Funktionär. Ein Beispiel: „In der Halbzeitpause habe ich zu meinen Spielern gesagt: ›Da wir sowieso schon mal hier sind, könnten wir auch ein bisschen Fußball spielen.‹“ Ein Satz für die Kreisliga wie für die Champions League, oder?! Passt immer. Ich liebe Jürgen Klopp – und würde ihn heiraten, wenn wir nicht beide schon glücklich vergeben wären. Aber wer weiß, was die Zukunft noch so bringt …!

TORWORT: Du bist ein Kind des Ruhrgebiet. Ist das nicht irgendwie der Geburtsort des gepflegten Fußballspruchs?

Ben Redelings: Das trifft es. Die Tage durfte ich lauschen, wie Atze Schröder in seinem Podcast „Zärtliche Cousinen“ (zusammen mit dem großartigen Till Hoheneder) eine Geschichte aus meinem Buch „Dem Fußball sein Zuhause“ erzählte. Die beiden haben zuvor darüber philosophiert, wie es wohl zu dem Titel des Buchs gekommen sei. Und Atze hat voll ins Schwarze getroffen. „Gib mich die Kirsche“ von Lothar Emmerich und das legendäre „Ich Danke Sie!“ von Willi „Ente“ Lippens standen damals Pate, als das Buch zur Kulturhauptstadt 2010 erschien. Hier ist der Fußball zu Hause. Hier wuchsen früher die Typen aus dem Bergwerk kommend aus der Erde empor. Schließt mal die Augen und stellt euch die unvergleichliche Lispel-Stimme von Hermann Gerland vor. Und dann nehmt dieses herrliche Bild von ihm: „Oft bin ich vom Training nach Hause gekommen und habe zu meiner Frau gesagt: ›Gudrun, dem Philipp Lahm beim Training zuzusehen, ist wie Bratwurst essen. Ein richtiger Genuss.‹“ 

TORWORT: Und zum Schluss noch ein bisschen was aus dem Werbeblock. Warum gehört Dein Buch in jeden Bücherschrank?

Ben Redelings: Werbeblock hin oder her. Und wenn ich mal alles Gesülze drum herum weglasse, dann bleibt etwas, das du eingangs schon gesagt hast: Es ist tatsächlich ein Standardwerk. Und um nichts anderes ging es mir. Ich wollte ein Buch machen, das jedem die Faszination Fußball nur mit Worten erklärt. Amüsant, nachdenklich, philosophisch – aber vor allem auf jeder einzelnen Seite unterhaltsam. Dürfte ich nur ein einziges meiner Bücher aus einem brennenden Haus retten – es wäre genau dieses!  

Das neue Buch der Fußballsprüche
Ben Redelings
480 Seiten
Hardcover
19,90 Euro
Hier bestellbar

Sascha Theisen

STAMMPLATZ-Gründer und Fußball-Romantiker