Bademantel-Zeiten
Du weißt, das Jahr neigt sich dem Ende, wenn Du anfängst weihnachtliche Wunschzettel zu schreiben. Auf meinem würde in diesem Jahr ein Alemannia-Bademantel stehen, wenn es ihn gäbe. Leider gibt es den gerade nicht im Fanshop an der Krefelder Straße, was ein echtes Versäumnis, vielleicht sogar eine echte Schande ist. Denn mehr erotische Ausstrahlung, mehr Esprit, mehr Glamour ist kaum vorstellbar. Dürfte ich ihn selbst designen, er wäre knallgelb mit dem Alemannia-Wappen auf der Brust – nicht zu klein, aber auch nicht zu groß. Zwei große Taschen fürs Taschenbillard und eine etwas zu große Gangsta-Kapuze im Rocky-Balboa-Style rundeten den perfekten Mantel ab. Mit einem solch epochalen Geschenk wäre ich schon mehr als zufrieden in diesem Jahr, das niemand enttäuschen konnte, dem Alemannia etwas bedeutet. Ein Jahr, das im abgeschlagenen Tabellenkeller begann und nun in deutlich höheren Gefilden endet. Sieht man mal von fehlenden Bademänteln im Fanshop ab, war es gar nicht mal schlecht dieses 2022 – nein ziemlich bombastisch war es, wenn man mal nur Alemannia zum Maßstab nimmt. Als es startete musste man ernsthaft überlegen, ob Liga 5 bald auf dem Spielplan stehen würde. Nun, wo wir Wunschzettel schreiben, darf man wenigstens heimlich ein bisschen von ganz anderen Ligen träumen, wenigstens ein bisschen. Und hey – vielleicht verhext ja noch jemand Preußen Münster und wer weiß: Vielleicht setzt 2023 dann noch einen drauf – klingt jedenfalls heißer als jeder Bademantel sein kann. Man wird ja wohl noch träumen dürfen.
Schaue ich auf das letzte Jahr zurück, war Düsseldorf daheim sicher eines der unschlagbaren Highlights. Gut gefülltes Stadion, prima Wetter, ein paar Bier zu viel und gemeinsam mit den Besten, die man an so einem Abend neben sich im Schalensitz haben kann, den Klassenerhalt feiern. So ungefähr stellt man sich das vor, wenn man das Holodeck anwirft. Den völlig eskalierenden Selim Gündüz sehe ich noch heute sehr lebhaft vor mir, wie er und seine Kollegen sich vor den Fans den verdienten Lohn für eine nicht für möglich gehaltene Rückrunde abholten. Ohne Frage, das war einer der Momente dieses Sommers – zumal sich schon in den Wochen davor abzeichnete, dass in diesen dunklen Stunden und dem Zusammenhalt, der entstehen musste, um zum Licht zu finden, der Startschuss für etwas Größeres gelang. Damals ging das noch etwas unter, weil der Klassenerhalt unbedingt gelingen musste und sich jeder andere Gedanke verbot. Aber schon auf dem Heimweg von der Düsseldorf-Sause dachte ich: „Theisen, Du alter Haudegen. Vielleicht erlebst Du ja doch noch mal bessere Zeiten auf dem Tivoli.“
Und hey – vielleicht geht ja tatsächlich was in den nächsten Monaten. Wer weiß das schon? Noch zwei Heimspiele vor der Brust – eins gegen Oberhausen und eins in Düren, wo sich die gute alte Westkampfbahn mit ihrer Holztribüne mittlerweile sicher von meinen Auftritten in der D-Jugend der Spielgemeinschaft Düren 99 erholt haben dürfte. Ein bisschen was eintüten in diesen beiden Spielen, bis Ende Januar das Atmen nicht vergessen und dann kommt doch tatsächlich – wer hätte sich das eigentlich besser ausdenken können – ausgerechnet die Zweite von Fortuna Düsseldorf auf den Tivoli. Und auch wenn Selim Gündüz mittlerweile wahrscheinlich längst die nächste Nichtabstiegsfeier woanders plant, mal ehrlich: Düsseldorf zum Jahresauftakt. Das ist doch fast schon so kitschig, dass es weh tut. Obwohl: Mir tut das mal gar nicht weh. Alemannia tut zum Ende dieses bewegenden Jahres kein bisschen weh. Im Gegenteil: Viel mehr geht das alte Mädchen gerade runter wie Öl. Und hey: Wenn ich in diesem Zustand bin, dann ist mir gar nichts – rein gar nichts – zu kitschig. Denn dann bin ich in echter Bademantel-Stimmung – knallgelb, mit dem Wappen auf der Brust, zwei großen Taschen fürs Taschenbillard und einer großen Kapuze. Mehr geht nicht! Mehr geht nicht? Doch! Zeigt schon der Blick auf den Spielplan. Direkt nach dem Düsseldorf-Kick geht´s nach Münster. Verhext noch mal – große Zeiten warten auf Alemannia! Große Zeiten. Ich kann es kaum erwarten. Danke 2022! Du warst gut zu uns, aber jetzt müssen wir weiter.